Neue Behandlungsmöglichkeiten mit Nabelschnurblut bei Kindern mit Herzfehler, Diabetes Typ 1 und frühkindlichem Hirnschaden
12.05.2009: Körpereigene Nabelschnurblut-Stammzellen besitzen ein hohes Potenzial zur Behandlung von angeborenen Herzfehlern, Diabetes Typ 1 und frühkindlichen Hirnschäden. Das bestätigen aktuelle Forschungsergebnisse, die auf dem Symposium „Stammzellen aus Nabelschnurblut – Bedeutung für die Neonatologie“ auf dem 24. Perinatalkongress am 07.Mai in Berlin vorgestellt wurden.
Prof. Dr. Simon Hoerstrup von der Universität Zürich präsentierte seine Forschungen zur Nutzung von Stammzellen bei der Behandlung von Kindern mit angeborenen Herzklappenfehlern. Hoerstrups Arbeitsgruppe konnte mit Hilfe von Stammzellen Herzklappenimplantatate mit Wachstums- und Regenerationspotenzial herstellen. In Bioreaktoren werden die Herzklappen gezüchtet und trainiert und anschließend implantiert. Aktuell werden in diesen Fällen Bioprothesen oder mechanischen Prothesen eingesetzt, die nicht mitwachsen, verkalken können und Folgeoperationen notwendig machen. Nabelschnur und Nabelschnurblut seien laut Hoerstrup geeignete Stammzellquellen, um Herzklappen zu züchten. Hoerstrup kündigte für Ende 2009 erste klinische Einsätze an.
Die Forschergruppe Diabetes der TU München stellte einen neuen Behandlungsansatz für Kinder mit Diabetes Typ 1 vor. In einer Pilotstudie werden derzeit in den USA und Deutschland 33 Kinder mit neu aufgetretenem Typ 1 Diabetes mit dem eigenen Nabelschnurblut behandelt. Ziel ist der Erhalt der verbliebenen körpereigenen Insulin-produzierenden Zellen. Erste Zwischenergebnisse aus den USA zeigen, dass das Nabelschnurblut zu einer Verringerung der Selbstzerstörung beiträgt und der Blutzuckerwert deutlich gesenkt werden kann, so dass die Kinder weniger Insulin pro Tag benötigten. Diabetes Typ 1, die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter, nimmt in den westlichen Ländern dramatisch zu. Aktuell gibt es in Deutschland 15.000 erkrankte Kinder unter 15 Jahren. Auch wenn die Insulintherapie die Lebenserwartung der Betroffenen verbessert, leiden die Kinder häufig an Langzeitfolgen wie Nieren-, Augen- und Nervenschäden.
Im Januar 2009 wurde erstmals in Deutschland ein zweieinhalbjährigen Jungen, der in Folge eines Herzstillstands eine spastische zerebrale Lähmung erlitten hatte, mit seinem eigenen Nabelschnurblut behandelt. Prof. Dr. Arne Jensen von der Ruhr-Universität Bochum stellte beim Symposium erste beeindruckende Zwischenergebnisse vor. Sieben Wochen nach der Transplantation zeigte der zuvor tetraspastische, ständig wimmernde Junge deutliche Verbesserungen in Motorik und Verhalten. Er war in der Lage, selbständig zu essen, interagierte mit seiner Umwelt, lachte und begann zu sprechen und zu laufen. Jedes Jahr erleiden rund 1.000 Kinder einen Hirnschaden, der häufig schwerste körperliche und geistige Behinderungen nach sich zieht. Bereits seit rund zehn Jahren arbeitet die Gruppe von Prof. Dr. Arne Jensen an einer stammzellbasierten Therapie mit Nabelschnurblut. Im Tiermodell konnte sie nachweisen, dass die Stammzellen in die geschädigte Hirnregion einwandern und hier zu einer Regeneration der geschädigten Gehirnareale beitragen, infolgedessen das geschädigte Tier seine motorischen Fähigkeiten nahezu vollständig zurück erlangt. Jensen kündigte noch für dieses Jahr eine umfassende Studie zu frühkindlichen Hirnschäden an.