Expertenrunde informiert über Möglichkeiten und Grenzen der Stammzelltherapie
25.09.2009: „Ist bald jede Krankheit heilbar?“ – unter diesem Titel fand kürzlich eine Experten-Pressekonferenz statt, in der Wissenschaftler einen Überblick über den gegenwärtigen Forschungsstand in Sachen Stammzelltherapien gaben.
Nabelschnurblut-Stammzellen zur Schlaganfall-Therapie
„Stammzellen aus Nabelschnurblut sind ein neues fortschrittliches Werkzeug in der Medizin. Sie haben noch keine Spezialisierung, das heißt sie lassen sich in Nerven-, Blut-, Herz-, Muskel- und Hautzellen umwandeln“, so Dr. Johannes Boltze vom Fraunhofer Institut für Zellbiologie und Immunologie Leipzig. Er untersucht, wie Stammzellen künftig Schlaganfall-Patienten helfen könnten und konnte zeigen, dass die Gabe von Nabelschnurblut-Stammzellen im Experiment die körperlichen Behinderungen nach einem Schlaganfall deutlich reduzieren kann. Außerdem fand sein Team heraus, dass das Zeitfenster für eine Behandlung dank Stammzellen von viereinhalb auf 72 Stunden ausgedehnt werden kann, wodurch laut Boltze künftig nicht mehr nur 10%, sondern 90% aller Schlaganfallpatienten behandelt werden könnten.
Eigene oder fremde Stammzellen – die Erkrankung entscheidet
Ob die Anwendung eigener oder fremder Stammzellen besser für eine Stammzelltherapie geeignet ist, ist vom Einsatzgebiet abhängig und lässt sich nicht generell beantworten. „Die autologe (eigene) Stammzellübertragung hat den Vorteil, dass keine gefährlichen Abstoßungsreaktionen auftreten. Außerdem werden bei der Übertragung eigener Stammzellen weniger Zellen benötigt als bei einer Spende“, erklärt PD Dr. Volker Jacobs, Leitender Ärztlicher Klinikmanager der Uni-Frauenklinik Köln. Speziell für regenerative Therapien zum Beispiel nach einem Herzinfarkt, einer frühen kindlichen Hirnschädigung oder einem Schlaganfall sowie bei Autoimmunerkrankungen würden daher bevorzugt die eigenen Stammzellen verwendet.
Über 60 Prozent aller Krebserkrankungen werden derzeit mit eigenen Stammzellen – meist aus dem Knochenmark des Patienten – behandelt, erläuterte Prof. Dr. Karl Welte, Kinderonkologe der Medizinischen Hochschule Hannover. „Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass Nabelschnurblut- den Knochenmark-Stammzellen überlegen sind.“ Er fordert daher, Nabelschnurblut nach der Geburt nicht einfach wegzuwerfen. Diese Stammzellquelle ist ethisch unbedenklich und enthält Stammzellen, welche sehr vital, jung und einfach zu gewinnen sind.